Hamburg, Indra
Bericht aus dem Home of Rock:
www.home-of-rock.de/Konzertberichte/Nocturn/Hamburg_Indra_25_03_2000.html
"Nocturn: Hamburg, Indra, 25.03.2000
Was macht der bayrische Bub in Hamburg? Logisch. Er geht zur Reeperbahn.
Dort verliebt sich selbstverständlich eine hübsche Frau aus der Ukraine in den gutaussehenden Jüngling aus Stoiberland, verlangt aber seltsamerweise für den gerne spendierten Schampus 125 Mark. Naja, das Leben ist in Hamburg sicher auch teuer.
Auch die Mädels in der Table-Dance-Bar sind irre nett. Eine will mich sogar mit in ihr Appartement nehmen. Scheinbar braucht auch die dringend Geld und will, daß ich ihr 300 Mark leihe. Das geht doch nicht Mädel. Ich fahre ja morgen schon wieder heim. Wie willst Du mir das Geld denn zurückgeben.Bleibt also noch der Laden mit den hübschen Kabinen. Nicht schlecht. Aber warum ich dauernd die Fünfer in den Schlitz schmeissen soll bleibt mir verschlossen. Die Klappe allerdings auch...
Dann geh ich halt in ein seriöses Etablissement. Indra nennt sich die Kneipe und sieht sehr klein und sehr alt aus. Ein Einheimischer erzählt mir, daß der Laden eine ewig lange Tradition hat. Angeblich soll hier schon ein gewisser Mr. Lennon getrunken haben.
Drinnen baut grade eine Horde langhaariger Menschen, Instrumente und Verstärker auf. Die Bühne ist mindestens 2 x 3 Meter groß, insgesamt passen sicher locker 35 Leute in die Kneipe. Aber saugemütlich ist es. Pils zu mir!
Soundcheck. Wild-Eyed Southern Boys von diesen Amis. Oha. Das klingt gut. Die können ja singen. Nur diese winzig kleinen Biergläser machen mir Sorgen.
Allright. 5 Jungs drängeln sich auf das Bühnchen. Oder besser, der Drummer wird ins Eck gedrückt, der Keyboarder muß daneben sitzen, der Basser turnt vor der Bühne rum, der Sänger sitzt auf einem Barhocker und der Gitarrist muß höllisch aufpassen, daß er keinem die Zähne ausschlägt.
What's Done Is Done von den Allmans kommt gut druckvoll rüber. Ist aber nicht mein Favorit bei den Brüdern. Tightrope von Stevie Ray ebenfalls nicht. Aber was auffällt ist der druckvolle und klare Sound, astreiner Gesang und ein guter Keyboarder. Nur der Drummer macht sonen verklemmten Eindruck in seinem Eckchen. Der Arme hat sicher blaue Ellbogen hinterher.
Dann die amtliche Fassung von Wild-Eyed Southern Boys. Richtig gut.
Die erste Eigenkomposition Good As Gone. Guter Song. Aber dem Gitarristen merkt man etwas die Verunsicherung wegen der soeben gerissenen Saite an.
Tobacco Road powert super dahin. Fast wie die Version von Edgar Winter. Skynyrd's Kiss Your Freedom Goodbye beendet einen guten ersten Set.Kurze Pause und dann eines meiner Lieblingslieder. Seven Turns. Dann noch eine Allmans-Nummer (beide unplugged gespielt und zwar fein) und anschließend die zweite und dritte Eigenkomposition, Leavin' You und Seven Southern Women. Stark.
Honky Tonk Dancer von 38 Special rockt wieder mächtig. Joe Sixpack und Atlanta (eine funkige Nummer) wieder Nocturn-Kompositionen. Dabei entdecke ich übrigens eine der ganz wenigen Schieflagen des ganzen Gigs. Und Congo Square von Great White (?) groovt schön jammig dahin. Cooler Blues.Wieder Pils- und Pinkelpause.
Maydell knackt, der Come And Go Blues kommt und geht wieder und hinterlässt keine Spuren bei mir. Nicht mein Song (schon im Original nicht).
Zwei weitere Eigenkompositionen, recht fetzig. Die Titel habe ich leider nicht verstanden. On The Run und Day By Day eventuell? Mit Devil In The Bottle die nächste Skynyrd-Coverversion. Überhaupt fällt mir die sorgsame Songauswahl sehr positiv auf. Als Boogie-Kasper ist es mir zwar ab und an etwas zu brav, aber auf jeden Fall besser als die x-tausendste Version von Sweet Home Alabama und ähnlichen Allerweltsnummern.Carolina ist für mich eines der Highlights. Sehr lang und sehr groovig. Steile Nummer. Würde ich gerne in einer Studiofassung hören.
Doc Holliday's Doin' It Again rollt klasse rüber, der Lady's Blues ist ein solcher und mit einer feinen Version von White Knuckle Ride endet ein gutes Clubkonzert. Und zwar eines, bei dem es in 3 Sets eine geballte Ladung Southern Rock zu hören gab.
Neben den Coversongs wurde eine ganze Wagenladung eigener Nummern vorgestellt. Viele davon dürften sich auf der (hoffentlich bald) kommenden CD von Nocturn befinden. Sinnlos also, sie einzeln hier vorzustellen. Ich habe jedenfalls lange keine Clubband mehr gesehen, die so viele und vor allem gute Songs im Gepäck hat. Das war eine lange und gute Nacht auf der Reeperbahn.Kurz noch zur Band. Der Sänger Alfie Mizrahi ist zwar klein, singt aber sehr ordentlich. An den Gitarren macht Kay Speer einen guten Job. Klar ist, eine zweite Gitarre wäre für eine Southern Rock Band nicht schlecht. Aber es knackt auch so. Lutz Melzer ist der Band-Poser. Manche Band würde wohl einen Haufen Geld für so einen Bassisten zahlen. Rockt UND macht Show. Arne Bihn klimpert ein absolut fehlerfreies Piano. Der könnte das gelernt haben... Nur Johann Kloevekorn kann man angesichts der spärlichen Platzverhältnisse nicht wirklich einschätzen. Aber ich glaube, in einer richtigen Halle und auf einer richtigen Bühne hat der einen sauberen Bumms. Was überhaupt für die ganze Band gilt.
So, jetzt müsst Ihr nur noch mit einer CD rüberkommen und wir haben eine zweite astreine Southern Band in D-Land.
Fred Schmidtlein, März 2000"