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"Home of Rock"  Februar '02   (online-Musikmagazin)

http://www.home-of-rock.de/CD-Reviews/Nocturn/Nocturn.html

(Außerdem ist das Cover unserer CD bei Redakteur Fred SChmidtlein in den Top-Five der besten Cover im Jahrensrückblick 2002 gelandet)

 

"Nocturn, Nocturn Records, 2001      Produziert von: Nocturn    Länge: 49 Min 16 Sek         Medium: CD       Tracks: (..)

Alfie Mizrahi: Lead Vocals

Kay-Hendryk Speer: Guitars, Banjo, Backing Vocals (Tracks 2, 7 & 10)

Arne Bihn: Keyboards

Lutz Melzer: Bass, Backing Vocals, Acoustic Guitar (Track 12)

Johann Kloevekorn: Drums

Man sollte nicht verschweigen, dass diese CD schon in den meisten Redaktionsplayern lag und dabei vielerorts auf wenig Gegenliebe stieß. Einer der Gründe mag darin bestehen, dass die Hamburger NOCTURN ihr Debut schon vor gut drei Jahren ankündigten. Nun, drei Jahre sind eine lange Zeit, in der sich eine große, ja sogar übergroße Erwartungshaltung aufbauen kann, nicht zuletzt unterstützt durch die begeisternden Auftritte der Band als Support für LIZARD und DOC HOLLIDAY. All zu leicht gerät dabei in Vergessenheit, dass NOCTURN eben nicht MOLLY HATCHET sind, die anno '78 eine finanzstarke Plattenfirma hinter sich wussten, die nicht zu knapp finanzielle Mittel in die Band pumpte. NOCTURN sind, und genau daran sollte man sie dann auch messen, eine Newcomerband, die zwar über eine gewisse Liveerfahrung verfügt und einige Demos veröffentlicht hat, nicht mehr, aber auch nicht weniger.

LIZARD, HATCHET, DOC HOLLIDAY... wer die letzten 30 Jahre nicht tiefgefroren verbracht hat und mit einigermaßen offenen Ohren durch die Welt ging, der kann schon erahnen, dass auch NOCTURN sich dem Southern Rock verschrieben haben. Southern Rock... an der Definition dieser Musik verzweifeln die Szenepäpste schon seit Ewigkeiten und meist landet eine Band in der Schublade, wenn sie sich stilistisch an einer der anerkannten Szenengrößen orientiert und/oder das 'gewisse Feeling' mitbringt. Im Falle von NOCTURN sind die 'Helden' allerdings nicht die härter rockende Fraktion um LYNYRD SKYNYRD oder BLACKFOOT, sondern viel mehr die bluesinfizierte, verspielt-experimentelle ALLMAN BROTHERS BAND oder auch SEA LEVEL, mit gelegentlichen Ausflügen in Richtung Westcoast-Sound, aber auch schon mal funkig oder dezent angejazzt.

Die Songs enthalten so manchen etwas überraschenden Schlenker, die zwar an sich nettes Beiwerk sind, aber nicht immer so richtig passen wollen. Sicher, auf der Bühne mögen solche Exkursionen als Ansätze für Solopassagen dienen, doch im Studio hätte ein zielstrebigeres, straighteres Vorgehen der Band wohl weitaus besser zu Gesicht gestanden. Über weite Strecken wirkt es auf mich, als wollten NOCTURN zu viele ihrer Ideen auf einmal in den einzelnen Songs unterbringen. Manchmal funktioniert das ganz gut, wie bei Rambler, T-Bird, Grown (wobei hier ein exzessiveres, hart rockendes Gitarrenfinale durchaus angebracht gewesen wäre) oder der, erfreulicherweise, einzigen Coverversion Maydell. Manchmal verzetteln sie sich aber ganz gehörig und ramponieren dabei einen, an sich mehr als ansprechenden, Song wie Good as gone. Ein klasse Gitarrenriff zum Beginn, ein geiler, hochmelodischer Refrain, ansonsten aber reichlich konfus und unstrukturiert. Als weiteres Beispiel mag vor allem auch Gettin' restless again herhalten. Vom Songwriting her ist der Titel an sich eine tolle, nicht unflotte, lockere Rocknummer mit Ohrwurmcharakter, doch was um Himmels willen soll das unvermittelt auftauchende Pianogeklimper darin? Wollte der Keyboarder auch mal wieder ein Lebenszeichen von sich geben? Jedenfalls wurde die Nummer so um den größten Teil ihrer Schlagkraft beraubt und während der Hörer noch darüber sinniert, ob das Ganze nicht vielleicht doch Sinn machen könnte, zischt plötzlich genau so deplaziert eine Gitarre durch die Boxen, dass man regelrecht zusammenzuckt. Wirklich schade, denn diese Songs hätten das Zeug zu echten Genre-Highlights gehabt.Trotzdem, da nach dem Aus für Bands wie STREET SURVIVORS oder die GENERAL LEE BAND, die deutsche Südstaatenszene ziemlich ausgeblutet ist, sollte man für jede Band dankbar sein, die die Rebelflag hierzulande in irgendeiner Form weiter hochhält.

NOCTURN haben - und da lasse ich wirklich nicht mit mir diskutieren - eine Menge kreatives Potential, die technisch notwendige Versiertheit und sind prinzipiell in der Lage, starke Songs zu schreiben.Wenn sie es beim nächsten Mal schaffen, in ihren Songs mehr auf den berühmt-berüchtigten Punkt zu kommen, dann erwartet uns ein starkes Album. Das Debut der Hamburger hinterlässt zwar eher einen durchwachsenen Eindruck, doch wer hat denn ernsthaft von den Hamburgern erwartet, dass sie gleich beim ersten Versuch am, in zehn Jahren mühsam errichteten, Thron von LIZARD wackeln?

Am Besten ihr checkt NOCTURN einfach mal an und bildet euch selbst ein Urteil.

Martin Schneider, (Impressum, Artikelliste), 05.02.2002 ..."


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