Southern News, Germany # 17, january '02 (Southern Rock Fanzine):
"CD-Besprechung: Nocturn: Nocturn (2001) Es ist schön zu wissen, daß der Southern-Rock auch bei deutschen Bands eine Zukunft hat. Bislang waren wir in unseren Breitengraden bezüglich neuer Bands nicht gerade verwöhnt und umso mehr freue ich mich, daß Nocturn das Risiko einer eigenen CD-Produktion eingegangen sind. Neben den Street Survivors die 2. "neue" deutsche Southern Band, und das Street Survivors- Debüt stammt bereits aus 1997.
Gerne zieht man bei neuen Produkten Vergleiche zu bekannten Acts und Sounds, dieses ist mir bei Nocturn nicht möglich. Die Band versteht es, einen absolut eigenen Stil zu spielen, der einen an vieles erinnert, aber eben keinem unserer "Lieblinge" zuzuordnen ist. Der Sound der CD ist sehr gut, das Schlagzeug erscheint mir etwas in den Hintergrund gemischt, alle anderen Instrumente kommen sonst sehr sauber rüber. Bei den Tracks 1 bis 5 habe ich persönlich das Gefühl, die Jungens spielen mit angezogener Handbremse, es fehlt der rauhe Live-Sound, den man bei dieser Musikrichtung gerne hört.
"Lady's Blues" ist der richtige Opener, die Band wirkt sehr geschlossen, das Piano legt einen Boogie-Teppich und eben dieses Piano glänzt mit einer Solo-Einlage. Abgerundet wird der Song mit einem kurzen Gitarrensolo. Den Refrain hatte ich bereits nach dreimaligem Hören im Ohr. Das nachfolgende "Carolina" beginnt sehr melodisch und ist mit der von mir live in Hannover gehörten Version nicht zu vergleichen; zum Ende erneut ein sehr schön gespieltes Gitarrrensolo, aber eben kein Vergleich zur groovenden Live-Version. "Good as gone" enthält einen typischen Southern Riff, trotzdem plätschert der Song so vor sich hin, irgendetwas fehlt? An dem Songmaterial und der Band liegt es meiner Meinung nach nicht, vielleicht ist der Song durch die Produktion zu glatt gebügelt?? Auf jeden Fall bleibt der Refrain hängen. "Gettin' restless again" beginnt mit einem sehr glatten Intro, ist vom Song- aufbau etwas vertrackt und dadurch interessant, im Refrain sehr poppig, Gitarrre und Piano haben kleine Soli, der ganze Song wirkt sehr verspielt, Alfies Stimme paßt sehr gut zum Sound, zum Ende dreht Kay noch einmal auf und wird meiner Meinung nach zu schnell ausgeblendet. Dem folgenden Song "Grown" hätte ein Gang schneller ebenfalls gutgetan, aber von der Songidee ein typischer Southern Sound - mal sehen, wie das Teil live herüberkommt, denn auch hier zum Ende tolle Gitarrenarbeit von Kay, die dem Song den nötigen Drive gibt. Ich glaube, live ist es ein Kracher. Mit "Atlanta" wagen sich Nocturn in funky angehauchte Bereiche, ich habe das Gefühl, mit diesem Sound kommen die Produzenten besser zurecht, es groovt, ws sicherlich dem jazzigen E-piano-Solo zu verdanken ist - gefällt mir sehr gut. "Day by day" ist eine flotte Nummer, die allerdings keinen besonderen Eindruck bei mir hinterläßt. Gleiches gilt für "Rambler", aus diesem Song könnte man mehr machen. "Maydell", eine Haynes/Neel-Nummer (Original vom 94iger Johnny Neel Live-Album), ist super eingespielt, hier stimmt das Tempo, hier stimmt einfach alles, tolle Gitarren- arbeit. Ehrlich, ich finde diese Fassung besser als meine live-Version. "On the run" erinnert mich am Gesang und Songaufbau an Paice, Ashton & Lord, kommt sehr gut beim Autofahren rüber; schönes Slide-Solo. "T-Bird" zeigt, wie die Band mit 2 Gitarren klingen könnte, auch hier stimmt das Tempo, gehört zu meinen Favoriten auf dieser CD, tolle Melodie, sehr abwechslungsreich, hat ein bißchen Allman-Feeling. Den Abschluß macht die akustisch eingespielte Ballade "Leavin' you", die mit einem schwermütigen Piano beginnt, aber mit tollen Akustik-Soli endet. Ich vermute, daß Kay hier von Lutz an der Gitarre unterstützt wird.
Fazit:
Ein musikalisch anspruchsvolles Debüt mit einer sehr homogen wirkenden Band, welche die Chance verdient, von Euch gehört zu werden. Ich wünsche Nocturn für den (hoffentlich) nächsten Studio-Besuch einen rauheren Live-Sound und fände es klasse, wenn sich irgendwo im Raum Hamburg ein zweiter Leadgitarrist finden läßt. Dieser würde der Band sicherlich noch mehr Würze geben.
Wer näheres über die Band erfahren möchte, sollte die großartig aufgemachte Internetseite www.nocturnband.de antesten (sonst: Nocturn c/O Lutz Melzer, Warnstedtstr. 17b, 22525 Hamburg, Tel. 040/6447468 Fax 040/40197258).
Jörg Eilers"